Noch mehr Urlaub in Corona-Zeiten: von Risikogebieten und Beherbergungsverboten

Ich gestehe, auch in den Herbstferien war uns trotz Corona eindeutig nach Urlaub. Nachdem wir zunächst Island geplant und auch schon gebucht hatten, fiel dieses Ziel aufgrund der dortigen Quarantäne-Bestimmungen ins Wasser. Alle Hotels und schon gebuchten Aktivitäten konnten problemlos kostenlos storniert werden, das Verständnis der Isländer war groß. Für den Flug ließen wir uns einen 3 Jahre gültigen Gutschein aushändigen.

Das nächste Urlaubsziel wäre Tirol gewesen, wir wollten unser schon seit Jahren besuchtes Skiurlaubsziel Serfaus-Fiss-Ladis auch einmal im Herbst zum Wandern erkunden. Kurz vor dem hessischem Ferienbeginn wurde Tirol zum Risikogebiet erklärt und wir stornierten auch dieses Hotel. So langsam wurde es immer schwieriger, ein Ziel zu finden, wir wollten natürlich auch nicht Hals-über-Kopf unseren Urlaubsort verlassen müssen, wenn dieser als Risikogebiet ausgewiesen würde.

Täglich studierte ich die einschlägigen Internetseiten des RKI, schaute parallel nach möglichen Aktivitäten vor Ort, die unter Coronagesichtspunkten möglich sind. Normalerweise bin ich eine extrem frühzeitige Urlaubsplanerin, genieße die Vorfreude auf das jeweilige Ziel und recherchiere und buche wochen-, bei großen Reisen sogar monatelang im Voraus. Aber Corona hat auch mich gelehrt, nicht nur ganz andere Kriterien anzuwenden, sondern auch deutlich spontaner und flexibler zu sein.

Schließlich fiel unsere Wahl auf eine Kombination aus Schweiz und Bodensee, mit Hotelstandort in Konstanz – hatte doch der Stadt- und der Bodenseekreis kurz vor unserem Ferienbeginn eine 7-Tage-Inzidenz von unter 10 – das sollte nicht allzu schnell nach oben gehen. Unser Hauptziel war aber die Schweiz (bis auf die französischsprachigen Kantone bis dato kein Risikogebiet) und deshalb beschlossen wir kurz vor Abfahrt noch eine weitere Nacht in St. Gallen anzuhängen.

Um es vorweg zu nehmen: Es war ein toller Urlaub (diverse Blogs werden folgen), wir haben es nicht bereut. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass die Corona-Regelungen in anderen Ländern deutlich weniger streng sind als bei uns. Zu unserer großen Verwunderung war im Schweizer Kanton St. Gallen (von Kanton zu Kanton allerdings unterschiedlich) weder im Hotel (auch nicht beim Frühstück) noch im Restaurant noch im Supermarkt Maskenpflicht – auch hier „outeten“ wir uns wie schon in den Niederlanden im Sommer sofort als Deutsche mit unseren Schutzvorkehrungen.

Aber wie auch schon im Sommerurlaub hielten wir uns an die gängigen Abstands-, Hygiene- und Alltagsmasken-Regeln, um weder andere noch uns unnötig zu gefährden und haben auch den Virus nicht „mitgebracht“, wie übrigens auch die vielen Freunde und Bekannte nicht, die verreist sind (sogar nach Griechenland, Malta, Madeira, Sardinien und natürlich innerhalb Deutschlands). Nach wie vor bin ich der festen Überzeugung, dass es nicht die Reiserückkehrer sind, die das Virus verbreiten, sondern die Menschen, die sich egal an welchem Ort nicht an die AHA-Regeln halten. Wer Großhochzeit mit Küsschen, Tanzen, Singen und Umarmungen feiert oder Party macht, verbreitet das Virus – egal ob hierzulande oder andernorts.

Wir sind sehr froh, dass wir diesen Kurzurlaub noch erleben durften. Montagabend sind wir zurückgekehrt, quasi genau zu dem Zeitpunkt, als unser Landkreis zum Risikogebiet erklärt wurde. Stand Montag hätte dies ein Beherbergungsverbot in zahlreichen Bundesländern bedeutet, wir hätten also in Konstanz nicht einchecken dürfen.* Über Sinn und Unsinn dieser Regelung wird derzeit auf politischer Ebene debattiert. In unserem Fall ist die Überschreitung der 7-Tage-Inzidenz zweier Hotspots in einer Behinderteneinrichtung und einem Pflegeheim geschuldet – und der Tatsache, dass unser Landkreis nicht bevölkerungsreich genug ist, um das „auszugleichen“. Nicht nur ich frage mich: Bin ich damit tatsächlich ein potenziell wahrscheinlicherer Virusträger, ohne räumlichen oder personellen Bezug zu diesen Einrichtungen? Und warum darf ich in ein anderes Bundesland zum Arbeiten, Einkaufen, Sport machen, Essen gehen oder in die Schule fahren, aber nicht zum Übernachten, es sei denn dienstlich?

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hält das Beherbergungsverbot für „Unsinn“ und sieht mehr Sinn darin, die lokalen Gesundheitsämter zu stärken: „Die Gesundheitsämter ordnen Quarantäne für infizierte Menschen oder Menschen mit Corona-Verdacht an. Diese dürfen die Region, in denen es einen Infektions-Hotspot gibt, nicht verlassen. Warum aber alle Menschen aus einer solchen Region nicht beherbergt werden sollen, verstehe ich nicht.“ Voller Inbrunst kann ich bei diesem Thema dem Politiker der Linken zustimmen.

Sogar mein „Freund“, der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (siehe meinen Blog Sommerurlaub in Corona-Zeiten: Auf in den Norden!), nennt die Beherbergungsverbote einen Fehler: „Keine Studie zeigt, dass das Reisen innerhalb Deutschlands ein Pandemietreiber ist.“ Ich gehe noch weiter und sage, Reisen ist generell kein Pandemietreiber. Es sind die Menschen, die sich nicht durchgängig an die AHA-Regeln halten können (z.B. in Gemeinschaftseinrichtungen) oder wollen (besagte Großfeiernde oder Party-People), die die Zahlen nach oben treiben. Hierauf bitte ich unsere Politiker ein verstärktes Augenmerk zu legen und im letzteren Fall konsequenter (und härter) zu sanktionieren. Aber lasst uns bitte soweit wie möglich wenigstens in kleinem Rahmen reisen.

* Nachtrag: Wie so oft in Zeiten von Corona ist schon wieder alles anders, das Beherbergungsverbot ist in Baden-Württemberg schon wieder gerichtlich gekippt worden.

2 Kommentare zu „Noch mehr Urlaub in Corona-Zeiten: von Risikogebieten und Beherbergungsverboten

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  1. Dein Bericht wie immer, sehr beeindruckend. Wieder mal viel und detailliert über St. Gallen erfahren. Deine Anmerkung über Corona und die jeweiligen Verbote sind sehr zutreffend.

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