Wir sind große Fans von Tolkiens Herr der Ringe und Der Hobbit. Als Jugendliche habe ich begeistert die Bücher gelesen und als Erwachsene unzählige Male die Filme geschaut. Der neuseeländische Regisseur Peter Jackson hat für die Dreharbeiten zu den insgesamt sechs Filmen nahezu sein gesamtes Heimatland in Szene gesetzt und auch uns begegnen die Locations an verschiedenen Orten in Neuseeland. Auf der Südinsel sind beispielsweise in zahlreichen Szenen die Bergkette der Remarkables bei Queenstown und der Mt. Cook zu sehen. Total zufällig haben wir an der Pelorus Bridge einen Drehort aus „Smaugs Einöde“ entdeckt. Auf der Nordinsel hat meine Tochter im „Reich der Elben“ in Bruchtal, was hierzulande Rivendell heißt, ihre Weihnachtstage verbracht, auf einem Campingplatz im Kaitoke Regional Park. Nur das Tor nach Bruchtal steht heute noch hier, nebst einigen Infosäulen. Und wir sind durch Mordor gewandert, am Fuße des Schicksalsbergs (Mt. Ngauruhoe) im Tongariro National Park.

Das höchste der Hobbit-Gefühle ist jedoch ein Besuch in Hobbiton, dem Drehort für die Auenland-Szenen (Englisch: The Shire). Die komplette Kulisse von Frodos und Bilbos Heimat wurde in Matamata auf der Nordinsel dankenswerterweise erhalten und ist ein Publikumsmagnet erster Klasse. Auch wir wollten uns dieses Erlebnis natürlich nicht entgehen lassen und Mittelerde besuchen!
Matamata liegt knapp zwei Stunden südlich von Auckland und eine Stunde nordwestlich von Rotorua (siehe auch: Maori-Kultur und mehr in Rotorua), im „Herzen von Neuseeland“ oder „in the Woop woops“ (sprich: etwas peripher auf neuseeländisch) – je nach Betrachtungsweise. Auf jeden Fall sehr ländlich, inmitten der Alexander Farm. Die Alexanders sind mittlerweile gemachte Leute, ein Bruder kümmert sich um die noch aktive Landwirtschaft (der Arme, hoffentlich hat der gut verhandelt), der andere Bruder um alles rund um die Filmlocation (er dürfte mittlerweile Multimillionär sein). Und sicher danken beide täglich ihrem Schöpfer, dass Peter Jackson Ende der 90er Jahre mit einem Helikopter über ihr Land geflogen ist und sich für ihre Farm als Drehort entschieden hat. Nach drei Dingen hat Jackson seinerzeit aus der Luft gesucht und hier gefunden: einem hügeligen Grasland mit einem Haupthügel (auf dem Bilbos Haus steht), einem imposanten Baum auf einer großen Wiese (für den Festplatz anlässlich Bilbos 111. Geburtstag) und einem See, an dem das Gasthaus „Zum Grünen Drachen“ und die „Alte Mühle“ liegen.
Die Szenerie kann nicht auf eigene Faust, sondern nur im Rahmen geführter Touren erkundet werden. Neben der reinen Besichtigungstour (Dauer: ca. 2 Stunden, unsere Wahl) gibt es Touren mit verschiedenen Essenspaketen oder zu bestimmten Anlässen. Es empfiehlt sich, Karten für das Hobbiton Movie Set in der Hochsaison mindestens einen Monat im Voraus im Internet zu bestellen, da die Touren oft ausverkauft sind. Ausgangspunkt ist ein großer Parkplatz, ein dazugehöriger Imbiss/Restaurant (überraschend günstig und die Pommes waren super) und natürlich ein Souvenirshop, wo wir die vorbestellten Karten unter den wachsamen Augen von Gandalf abholen. Mit diesen Karten besteigen wir minutengenau einen Bus und schon beginnt der Spaß mit unterhaltsamen Infos unseres Guides, von Peter Jackson Himself und Russell Alexander in einem Film. Schon hier ist zu merken: Das Ganze ist höchst professionell und sehr gut gemacht.
Zu Fuß geht es dann weiter ins Herz von Hobbingen / Hobbiton, durch die Gasse, die auch Gandalf ganz zu Beginn der Trilogie nimmt, wo er Frodo begegnet. Und schon stehen wir mitten in Hobbingen, um uns herum Hobbithäuser unterschiedlichster Art und Größe, die Vorgärten liebevoll dekoriert mit allerlei Accessoires. An der jeweiligen Ausstattung erkennen wir, wer hier wohnt: der Fischer, der Imker oder der Betrunkene (tatsächlich: alles voller Flaschen und etwas ungepflegt). Aus den Schornsteinen steigt würziger Rauch (jeden Morgen in Smokern eigens angezündet), wir haben also tatsächlich fast den Eindruck, als wären die Häuser bewohnt. Gepflegte Gemüse- und Obstgärten runden das Ambiente ab. Zu letzteren erfahren wir, dass größtenteils kleinstämmige Apfelbäume hier gepflanzt wurden, die „Hobbitgröße“ haben. Da Tolkien jedoch von Pflaumenbäumen schreibt (die angeblich in Neuseeland zu groß sind), mussten zahlreiche Helfer an den Drehtagen Pflaumenblätter und -früchte an die Bäume hängen – welch ein Aufwand!
Über verschiedene Stationen und mit interessanten Anekdoten führt der Weg ganz nach oben nach Beutelsend (Bag-End), zu Bilbos Haus. Wir lernen: Je höher eine Hobbithöhle gelegen ist, desto wohlhabender der Besitzer, Bilbo war also reich. Über Bilbos Haus thront ein großer künstlicher Baum, was nicht erkennbar ist. Uns wird berichtet, dass Peter Jackson die Farbe der Blätter nicht passend fand, sie wurden daraufhin händisch nachkoloriert. Offensichtlich war das Baumthema sehr wichtig für den perfektionistischen Regisseur… Bilbos Haus ist nicht im Inneren zu besichtigen, die Innenaufnahmen wurden im Studio gedreht. Nur eine einzige Hobbithöhle öffnet den Besuchern ihre Türe und das auch nur, um dahinter in einen kleinen abstellkammerähnlichen Raum zu gelangen. Demnächst soll allerdings in der Alten Mühle ein Zimmer für eine Übernachtung geschaffen und über AirBNB zu einem symbolischen Preis vermietet werden – vermutlich in kürzester Zeit über Jahre ausgebucht.
Weiter geht es wieder nach unten über die große Festwiese (der Baum hier ist echt), wo Bilbo seinen 111. Geburtstag gefeiert hat, und Sams Haus, über die Brücke, vorbei an der Alten Mühle, bis zum Gasthaus Zum Grünen Drachen am See. Im Green Dragon erhält jeder Besucher ein Gratisgetränk (Ginger Ale, Bier oder Cider; auch kostenpflichtige Snacks sind erhältlich), bevor es wieder zurück zum Bus und zum Ausgangsort geht.
Die Gruppen werden hier zur Hochsaison im 10-Minuten-Takt „durchgeschleust“, immer jeweils eine Busladung. Das hatte uns im Vorfeld befürchten lassen, in einer atmosphärenlosen Massenabfertigung zu landen. Zwar sehen wir immer wieder andere Gruppen, aber die Wege sind geschickt gewählt und es ist wie ihr seht durchaus möglich, auch Fotos ohne andere Menschen zu machen und atmosphärenlos ist das Ganze überhaupt nicht. Wir fühlen uns tatsächlich wie im Auenland und können die Tour jedem Filmfan nur wärmstens ans Herz legen!
Abstecher zur Blue Spring Putaruru
Und wenn ihr in der Gegend seid, will ich euch noch einen kleinen Abstecher empfehlen, zu Neuseelands reinstem Wasser mit einer unglaublich schönen Farbe. 30 Minuten mit dem Auto von Hobbiton entfernt, findet ihr bei Putaruru die Blue Spring. Regen in den Bergen des Mamaku Plateaus sickert langsam durch verschiedene Gesteinsschichten nach unten und wird etwa 100 Jahre lang unzählige Male gefiltert und dabei von jeglichen Partikeln befreit. Schließlich tritt es als Quellwasser mit einer Schüttung von 700 Litern pro Sekunde in der Blue Spring wieder zutage, als eines der klarsten Wasser weltweit. Die blau-grüne Farbe zeigt seine Reinheit und ist von immenser Schönheit. Das Quellwasser versorgt nicht nur Putaruru, sondern auch mehrere Abfüller: 60 bis 70 Prozent des in Flaschen abgefüllten Wassers Neuseelands entstammt dieser Quelle. Baden direkt an der Quelle ist streng verboten, im weiteren Flussverlauf (am Whites Road Carpark, siehe unten) jedoch möglich.
Wer nur kurz laufen will, parkt am besten an der Leslie Road (kleiner Parkplatz und entlang der Straße). Von dort aus sind es nur etwa 10 Minuten über einen ausgeschilderten Weg bis zum Waihou River und der Quelle. Alternativ lässt sich über den Waihou Walkway (Startpunkt: Whites Road Carpark an der SH 28) drei Stunden lang (Hin- und Rückweg) dorthin wandern, derzeit (Stand Februar 22) ist jedoch ein Teilbereich gesperrt.
Tolle Beschreibung! Demnächst muss ich mal wieder alle Herr der Ringe Filme anschauen…
Auch die anderen Beiträge sind sehr informativ und unterhaltsam.
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Ja, genau das haben wir uns auch gedacht, eine lange „Herr der Ringe“-Nacht ist fällig 😀
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