Unser vorletztes Urlaubsdomizil auf der Reise liegt im Hinterland von Monopoli, wir wohnen in der Masseria Fenicia. Masserien sind Gutshöfe auf dem Land und wenn sie eine Übernachtungsmöglichkeit bieten, sind sie meist etwas Besonderes. So auch unsere Masseria mit ihrem Trullo (in dem sich der Weinkeller befindet) und einer höchst individuellen Betreuung durch den Besitzer Gaetano, der uns bestens mit Restaurant- und Strandtipps und einem hervorragenden Frühstück versorgt.

Auch die Lage der Masseria ist perfekt, es lassen sich zahlreiche Ausflüge machen und schöne Strände jeglicher Art erreichen. Landschaftlich befinden wir uns übrigens in der Murgia. Murge bedeutet „hohes felsiges Land“ und die Kalkhochebene der Murgia zieht sich durch ganz Zentralapulien, von der Gegend um Castel del Monte im Norden über das Valle d’Itria durch Apulien bis hin zu Matera in der Basilicata.
Castellana Grotte mit Grotte di Castellana
Das in der Murgia vorherrschende Kalkgestein mit seinen Eigenschaften war nicht nur Voraussetzung für die Entstehung der Wohnhöhlen von Matera (siehe Matera: steinerne Schönheit in Basilicata), sondern hat auch hat einige natürliche Karsthöhlen hervorgebracht. Eine liegt fast vor unserer Haustür in Castellana Grotte. Dass sich die Höhle im Namen der Stadt wiederfindet, zeigt, sie muss bedeutend sein. Tatsächlich gilt sie als eine der schönsten und spektakulärsten Tropfsteinhöhlen Italiens und zieht jährlich tausende Touristen an. In der Hochsaison daher unbedingt reservieren! Wer Zeit hat, sollte die längere Tour (3 Kilometer Länge, 100 Minuten; kurze Tour: 50 Minuten, Touren auf Italienisch und Englisch, mehr Infos findet ihr hier) wählen. Es lohnt sich, ich habe schon einige Tropfsteinhöhlen gesehen und diese hier ist wirklich beeindruckend.
Leider darf während der Höhlenbesichtigung nur in der ersten großen Höhle fotografiert werden. Hintergrund ist laut unserer Führerin, dass beim Fotografieren zu viele Unfälle passiert sind, weil die Besucher dem rutschigen Boden zu wenig Aufmerksamkeit widmeten. Und es ist tatsächlich stellenweise sehr rutschig, unbedingt gutes Schuhwerk und im Sommer etwas Langärmliges mitnehmen, in der Höhle hat es 14 bis 18 Grad. Dann ist die Besichtigung der toll beleuchteten Stalaktiten und Stalagmiten, die natürlicherweise je nach Mineralien Farbschattierungen von weiß über gelb bis karottenrot vorweisen, ein zauber- und märchenhaftes Erlebnis, an dessen Ende die Grotta Bianca als Höhepunkt wartet.
Noch ein Restauranttipp für Castellana Grotte: die Osteria Caroseno. Hervorragendes lokaltypisches Essen, besonders toll die gemischten Antipasti.
Polignano a Mare: Stadt der Gedichte
Ebenfalls nicht weit von unserem Domizil liegt das Küstenstädtchen Polignano a Mare. Hier bilden die Kalkfelsen eine eindrucksvolle Steilküste, an der sich zahlreiche Meeresgrotten befinden. Eine, die Grotta Palazese, beherbergt ein berühmtes (und sehr teures) Restaurant, wo man insbesondere für die Lage zahlt, das Essen sei das Geld nicht wert, lassen wir uns sagen.
Aber Polignano anschauen, das solltet ihr unbedingt! Die Häuser der Altstadt klammern sich förmlich an die Steilküste, was am besten vom Wasser aus zu sehen ist. Aber auch vom Land öffnen sich immer wieder hübsche Aussichtspunkte aufs Meer und die Altstadt. Beim Flanieren entdecken wir: Die Citta Vecchia ist an zahlreichen Stellen, auf Wänden, Türen und Treppen, mit Gedichten geschmückt, Mark Twain über Emily Dickinson bis hin zu Jim Morrison werden zitiert. Unsere Große ist fleißig am Übersetzen…
Vielleicht kennt ihr aber ein anderes Foto von Polignano, nämlich das seines fast schon fjordähnlichen Strandes. Viele Treppenstufen hinab und unter der Bogenbrücke hindurch geht es zum Kiesstrand, der in der Hochsaison bereits am Vormittag bis auf den letzten Quadratzentimeter belegt ist. Warum, fragen wir uns, klar ist die Lage spektakulär und wir schauen uns das auch sehr gerne an, aber Baden würden wir definitiv woanders, türkisblau ist das Wasser hier überall! Schlängelt euch aber auf jeden Fall durch die Badenden am Strand hindurch bis zum Tunnel links. Diese Höhle hat einen Ausgang zum offenen Meer und der Ausblick auf Meer und Städtchen lohnt die nassen Füße.
Monopoli: Hafen und Altstadt
Monopoli ist weniger bekannt als das benachbarte Polignano, aber auch dieses Hafenstädtchen schauen wir uns an. Im alten Hafen dümpeln blaue Boote, das Altstädtchen mit Festung, einigen Palazzi und engen Sträßchen lädt zum Bummeln ein. Nichts Spektakuläres, aber einen Besuch ist es wert, vor allem, wenn man mal weniger Trubel in einer Altstadt haben will.
Ostuni: die weiße Stadt
Hinsichtlich ihres Bekanntheitsgrads neben Alberobello (siehe Valle d’Itria: Alberobello und noch mehr) die Nr. Zwei der Region ist Ostuni, die weiße Stadt. Um es vorweg zu nehmen: Ist leider, wie Alberobello, in der Hochsaison total überlaufen. Denn sie scheint ebenfalls ein beliebtes Ausflugsziel für die Kreuzfahrtschiffe zu sein. Von der Küstenautobahn oder Carovigno kommend habt ihr die beste Sicht auf die wehrhafte Stadt, die mit einer mächtigen Stadtmauer aufwartet. Von oben sieht man die Nähe zum Meer und es wird klar, warum sich die Stadt so wehrhaft präsentiert. Die Altstadtgässchen auch hier hübsch und malerisch, nur eben leider viel zu voll für unseren Geschmack. Atmosphäre kommt hier vermutlich nur außerhalb der Saison auf…
Castel del Monte – Friedrichs rätselhafter Bau
Ein weiteres touristisches „Must see“ der Murge ist das berühmte Castel del Monte, das mysteriöse Kastell von Friedrich II. Auf dem Weg dorthin fahren wir über die karge Murge-Hochebene mit Rinderherden, plötzlich erhebt sich in der Ferne die Burg aus hellem Murgia-Kalk auf einem Hügel inmitten eines Kiefernwaldes. Noch heute liegt der genaue Zweck des Stauferkastells im Dunkeln und es gibt unzählige Deutungsversuche. Besonders die Zahlenmystik wurde genauestens untersucht, denn die Zahl Acht war offensichtlich für Frederico von besonderer Bedeutung: Achteckig ist der Grundriss, acht Türme stehen an jeder Ecke, in zwei Stockwerken liegen jeweils acht Räume um einen achteckigen Innenhof. Klar ist auch, dass der Staufer, der ab 1198 König von Sizilien, ab 1212 römisch-deutscher König und von 1220 bis zu seinem Tod Kaiser des römisch-deutschen Reiches war, architektonische Klarheit und Harmonie schätzte und seine Burg ohne Verteidigungsanlagen, dafür aber aufwändig mit Bädern und Toiletten ausgestattet hat. Wir haben mit den Kindern vorab den Terra-X-Film „Rätselhaftes Castel del Monte“ angeschaut, was wir sehr empfehlen können. Ansonsten lasst einfach den eindrucksvollen Bau auf euch wirken!
Und noch ein paar organisatorische Dinge: Wie immer haben wir vorab im Internet Tickets mit einer bestimmten Einlasszeit gebucht, wäre aber tatsächlich erstaunlicherweise nicht nötig gewesen (vielleicht auch weil gerade keine Busgruppe da ist). Das Auto muss auf einem großen kostenpflichtigen Parkplatz abgestellt werden, von wo aus regelmäßig ein kleiner Bus den Hügel hinauf zum Kastell fährt (ist aber auch fußläufig problemlos durch den Kiefernwald in 15 bis 20 Minuten machbar). Besichtigt werden können die Innenräume sowohl des Erdgeschosses als auch im ersten Stock, das Dach ist leider nicht zugänglich.
Strandtipp: Naturschutzgebiet um den Torre Guaceto
Neben so viel Stadt und Kultur haben wir natürlich auch das herrliche Meer Apuliens genossen, das an ausnahmslos jedem von uns besuchten Strand glasklar und sauber war. Unsere Empfehlung für einen tollen Strandtag in dieser Region heißt: Naturschutzgebiet Torre Guaceto! Dieses Meeres- und Landschaftsschutzgebiet liegt etwa 15 Kilometer nördlich von Brindisi und kann nur stellenweise von Besuchern betreten werden. Gaetano hat uns den Parkplatz „Parcheggio alternativo Torre Guaceto“ (Google-Maps-Link) empfohlen, den Weg dorthin nutzt unmittelbar an der Autobahnabfahrt auch eine Schafherde. Vom Parkplatz aus (hier während der Saison auch Imbiss- und Getränkewagen sowie eine Surferstation) laufen wir in Richtung Nordwesten. An der Küste entlang führt ein kleiner Pfad oberhalb der Klippen. Es ist wirklich traumhaft hier, die gelb-roten Klippen, der feinsandige Strand, das türkisfarbene Wasser und noch dazu wenig Menschen. Wir finden sogar ein Plätzchen im Schatten der Klippe und gehen schwimmen. Herrlich! Nachdem wir gebadet haben, bestaunen wir die Künste der vielen Kitesurfer und laufen dann ein Stück am Strand entlang und auf dem Klippenpfad weiter in Richtung Torre Guaceto, den wir in der Ferne am Ende der langen Bucht sehen. Irgendwann stoßen wir auf ein eingezäuntes Privatgrundstück direkt an der Küste und kehren um. Die FKK-Fraktion umrundet es, um in den gänzlich einsamen Teil zu gelangen.
Unsere schönen Erlebnisse lassen wir ausklingen auf der Terrasse der Masseria Fenicia, mit einem von Gaetanos Primitivo. Diese Rebsorte stammt ursprünglich aus Kroatien und ist in den USA als Zinfandel bekannt. In Apulien, genauer gesagt um Manduria, liegt das bekannteste italienische Weinanbaugebiet des Primitivo. Passend zur sommerlichen Hitze wählen wir nicht selten einen Primitivo Rosato, der uns wie sein roter Bruder sehr gut schmeckt.
Danke! Sehr gute Basis für unsere Herbstferien!
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