Achtung: Dies wird ein ganz schön langer Blog. Es war auch ein langer Tagesausflug mit vielen Erlebnissen: Von den Kriegsruinen in Kupari über das grüne Konavle Tal und die EU-Außengrenze ging es nach Montenegro. Dort zu Mosaiken in Risan, zwei Inseln bei Perast, der mittelalterlichen Stadt Kotor, dem adriatischen Monaco Sveti Stefan bis zum mondänen Badeort Budva. Lasst euch nicht von der Länge abschrecken – oder lest einfach kapitelweise…
Von Dubrovnik ist es nur knapp eine Stunde Fahrzeit bis zur Grenze nach Montenegro, zahlreiche Tagestouren in dieses Land werden von Dubrovnik aus angeboten. Auch wir beschließen, einen Ausflug dorthin zu machen, allerdings der Kinder wegen nicht mit dem Bus, sondern mit einer „Privattour“. Das ist bei vier Personen nicht wesentlich teurer als mit einer „großen Tour“, dafür natürlich aber sehr viel persönlicher, flexibler und komfortabler.
Bei der Recherche stoßen wir auf „Perfect Travel Croatia„, die sehr gute Bewertungen bekommen und wir nehmen Kontakt auf. Von Anfang an war die Betreuung und Beratung von der belgischen Chefin Antje sehr professionell, sie ging auf alle unsere Wünsche ein. Sogar als sich an dem ursprünglich vereinbarten Tag schlechtes Wetter ankündigte, war sie sofort bereit, den Tag zu ändern. Mit angekündigten drei Minuten Verspätung (ähem – haben wir Deutschen so einen schlechten Ruf?) erschien ihr kroatischer Mann Bozo bei uns im Hotel – und um es vorweg zu nehmen, auch er war ein hervorragender Guide – sehr freundlich und kompetent – wir können Perfect Travel Croatia nur wärmstens empfehlen!
Bozo fährt uns als erstes zu einem schönen Aussichtspunkt über Dubrovnik – die Sicht über die Altstadt und die Insel Lokrum ist einmalig.
Kupari: Mahnmal für den Krieg
Dann biegt er etwa 15 Minuten hinter Dubrovnik von der D8 ab – dieser Stop war uns nicht bekannt, er sollte sich aber als sehr interessant erweisen. Die Bucht von Kupari, nur wenige hundert Meter von der D8 entfernt, war einst ein luxuriöses Badeparadies mit zahlreichen noblen Hotels. Das älteste Hotel, das „Grand Hotel Kupari“, stand hier schon kurz nach dem 1. Weltkrieg, weitere Hotels und eine Uferpromenade wurden nach dem 2. Weltkrieg gebaut.
Heute stehen hier Hotelruinen, zerschossene und geplünderte Gebäude mit zahlreichen Graffitis verziert (die wir größtenteils nicht verstehen, aber eines lautet zynisch „All inclusive“), als Mahnmal für den „Kroatien-Krieg“ (auch Heimatkrieg oder Unabhängigkeitskrieg der Kroaten genannt). Während diesem kämpfte die kroatische Armee gegen die Armee der serbischen Republik Krajina (mehrheitlich von Serben bewohntes und kontrolliertes Gebiet in Kroatien, insgesamt betrug der Anteil der Serben in Kroatien vor Kriegsausbruch knapp 12 Prozent), unterstützt durch Einheiten aus dem eigentlichen Serbien, der jugoslawischen Volksarmee und – laut Bozo ganz wesentlich – im Hintergrund durch Russland.
Dubrovnik selbst war zwischen Juni und Dezember 1991 den Kampfhandlungen massiv ausgesetzt (fast zwei Monate war die Stadt von der Außenwelt völlig abgeschnitten, ohne Telefon, Wasser und Strom, allein am 6. Dezember wurden über 600 Granaten auf die Stadt abgeschossen) und bis 1992 belagert. Da sich in der Stadt und dem Umland keinerlei militärischen Anlagen befanden, gilt der Angriff als Kriegsverbrechen nach den Genfer Konventionen. 114 zivile Opfer, 200 getötete Soldaten und schwere Beschädigungen der Altstadt waren zu beklagen. Letztere wurden, auch mit internationaler Hilfe, größtenteils behoben und sind heute nur noch vereinzelt zu sehen.
Ganz im Gegensatz zu Kupari, wo der Kontrast extrem ist: Einst erkennbar hübsche Hotels in einer schönen Bucht, heute traurige Ruinen, der Strand davor wird hingegen schon wieder genutzt. Immer wieder ist vom Abriss der Ruinen die Rede, allerdings hat sich aufgrund der fehlenden Infrastruktur (vor allem Ver- und Entsorgung des (Ab-)Wassers) noch kein Investor gefunden, erzählt Bozo. So lange stehen die Ruinen als Zeitzeugen und Mahnmal gegen einen Krieg, der so nah vor unserer Haustür stattgefunden hat. Wer noch mehr Bilder, auch zu den Glanzzeiten Kuparis, sehen möchte, dem sei dieser Beitrag von Hartmut und Annette im Adriaforum empfohlen.
Konavle Tal
Wir fahren weiter in Richtung Montenegro, durch das grüne und fruchtbare Konavle Tal, italienisch“Canali“. Der Name zeugt von vielen Wasserkanälen, die Tal und Umland versorgten. Allerdings sind nur vereinzelt Weinberge, Olivenbäume und Weidewirtschaft zu sehen. Das Thema Krieg lässt uns auch hier noch nicht los: Vor dem Krieg wurde das Konavle Tal intensiv landwirtschaftlich genutzt, während des Krieges wurden die Dörfer zerstört und die Bauern vertrieben. Nur wenige sind zurückgekehrt und heute, so Bozo, ist kaum eine junge Familie bereit, die beschwerliche Landwirtschaft wieder auf- oder zu übernehmen.
Montenegro – Bucht von Kotor
Wir erreichen die Grenze – und stellen uns auf Wartezeit an dieser EU-Außengrenze ein. Im Sommer kann diese durchaus 2 Stunden betragen, wir schaffen es in 30 Minuten. Die Kinder, die so etwas in Europa nicht mehr kennen (höchstens eine langwierige Immigration in die USA), sind erstaunt, Pässe und sämtliche Fahrzeugpapiere werden intensiv kontrolliert (als Tagestouristen und EU-Bürger kommen wir relativ zügig durch, das sieht bei manchen Bussen anders aus). Direkt an der Grenze stehen auf einem Parkplatz zahlreiche Autos (und meist keine Kleinwägen): „Diebesgut“, erzählt Bozo. Autodiebstahl, aber auch Drogenschmuggel (in die umgekehrte Richtung), seien die Hauptvergehen, nach denen hier gefahndet werde.
Schließlich erreichen wir bei Herceg Novi die Bucht von Kotor. Die Bucht setzt sich aus vier Einzelbecken zusammen, die zwei inneren Buchten von Risan und Kotor gehören zum UNESCO-Welterbe. In weiten Teilen ist die Bucht von steilen Bergflanken umgeben, was ihr ein fjordähnliches Aussehen verleiht und sehr malerisch ist.
Wir halten zum ersten Mal am Restaurant Verige 65 (das tun wohl auch die meisten Busse, denn hier kann man gut parken. Außerdem gibt es gutes WLAN, jetzt im EU-Ausland ist das schöne EU-Roaming leider weg). Von hier aus hat man einen wunderschönen Blick auf die steilen Berge, die Inseln Gospa od Skrpjela, auch „Maria vom Felsen“ genannt und Sveti Dorde mit dem Benediktinerkloster San Giorgio sowie die Städte Risan und Perast. Wir trinken einen Kaffee bzw. frisch gepressten Orangensaft und bezahlen – mit Euro. Die einseitige Einführung des Euro für ein Nicht-EU-Mitglied im Jahr 2002 galt und gilt als nicht ganz unumstritten (mittlerweile hat Montenegro zumindest Kandidatenstatus zur EU-Mitgliedschaft), ist aber für uns Touristen sehr angenehm. Vor dem Euro war übrigens die D-Mark de facto das Zahlungsmittel.
Risan: römische Mosaiken
Unser nächster Stop ist in Risan, dem ältesten Ort der Bucht. Schon im 4. Jahrhundert vor Christus war Risan von den Griechen besiedelt, später von den Römern. Aus dem 2. Jahrhundert nach Christus entstammen die Ausgrabungen eines römischen Hauses, die in einem kleinen Museum (Eintritt 3 Euro für Erwachsene, Kinder frei) gezeigt werden. Das größte Sehenswürdigkeit ist ein Mosaik von Somnus, dem Gott des Schlafes, im Schlafzimmer der Villa. Daneben gibt es vier weitere Räume mit Mosaiken, mit geometrischen oder symbolischen Musern (z.B. Machtsymbole oder Tintenfische), wie uns bei einer kurzen Führung erklärt wird.
Perast: zwei Inseln und ein hübsches Städtchen
Weiter geht die Fahrt entlang der Bucht nach Perast. Hier kann man sich mit einem Boot zur Insel Gospa od Skrpjela übersetzen lassen (Bozo hat für uns alle vier den Überfahrtspreis von 10 Euro hin und zurück ausgehandelt), die Fahrt dauert nur wenige Minuten. Die Insel wurde einst künstlich aufgeschüttet aus Dankbarkeit nach einer Seerettung. Die darauf errichtete römisch-katholische Kirche (Our Lady of the Rocks oder Maria vom Felsen), entstammt in dieser Version dem 17. Jahrhundert. Das kleine Kirchlein (Eintritt 1,50 Euro für Erwachsene) birgt unzählige Silberplaketten von Gläubigen, die um Heilung bestimmter Gliedmaßen oder den glücklichen Ausgang von Schifffahrten bitten oder dafür danken. Angeschlossen ist ein kleines Museum mit einer recht skurrilen Zusammenstellung – von Schlüsseln, über Bügeleisen, Schwerter, Lampen und Geschirr ist alles mögliche vorhanden.
Zum Abschluss umrunden wir die Klosterinsel (dieses Mal eine natürliche Insel) San Giorgio mit ihren hübschen Zypressen. Neben dem Benediktinerkloster befindet sich ein Friedhof auf der Insel. Den Kindern und uns hat die Bootstour und der Besuch der malerischen Insel und Kirche sehr gut gefallen, gerade für Familien ein schönes Programm!
Anschließend schlendern wir durch das hübsche Mini-Städtchen Perast. Der Ort war lange Zeit unter der Herrschaft Venedigs, was deutlich zu sehen ist, selbst von den Kindern („Mama, schon wieder ein Campanile“ – Venedig lässt grüßen). Kaum zu glauben in diesem kleinen Ort, aber früher hatten mehrere Reedereien hier ihren Sitz, auch viele Kapitäne wohnten hier, in den hübschen Stadtvillen. Ein starkes Erdbeben hat 1979 viel zerstört, aber das meiste wieder aufgebaut, nur vereinzelt sind noch Ruinen zu sehen. Wir schlendern an der Uferpromenade entlang und genießen ein Eis, bevor es weitergeht in Richtung Kotor.
Kotor: mittelalterliche Festungsstadt mit vielen Katzen
Auch Kotor war aufgrund seiner geschützten Lage und des Naturhafens bereits im 3. Jahrhundert vor Christus von den Illyrern, später von den Griechen und Römern besiedelt. Heute zeigt sich Kotor, das UNESCO-Weltkulturerbestatus hat, als mittelalterliche Festungsstadt mit einer beeindruckenden, mehr als vier Kilometer langen Stadtmauer, die sich steil den Berg hinaufwindet (der höchste Punkt liegt bei über 250 Metern). Uns fehlt leider die Zeit für eine Begehung, diese soll aber aufgrund hoher Stufen und eines teilweisen Zerfalls der Mauer auch recht beschwerlich sein (die Kinder sind dankbar). Hinter der Stadtmauer erheben sich bis fast 1.900 Meter hohe Berge – eine wunderhübsche Kulisse (vor der sich leider ein Kreuzfahrtschiff geschoben hat – nicht schon wieder…).
Am Stadttor empfängt uns erneut der venezianische Löwe und dahinter eine autofreie, malerische Innenstadt mit engen Gassen. Am Hauptplatz direkt hinter dem Stadttor steht der markante Uhrturm im Renaissance-Stil, weitere besondere Bauwerke sind die romanische Sankt Tryphon Kathedrale mit einer Reliquie des Schutzpatrons der Stadt, die kleine romanische Sankt Lukas Kirche, ehemals katholisch, jetzt orthodox sowie die orthodoxe Sankt Nikolaus Kirche, daneben gibt es zahlreiche Stadtpaläste aus der venezianischen Zeit. Wir essen zu Mittag (leider gelingt es uns nicht, ein „nicht-touristisches“ Restaurant zu finden, Bozos Empfehlung etwas außerhalb der Altstadt, das Galerija, ist leider komplett belegt) und schlendern durch das hübsche Städtchen. Für die Kinder wird die Stadt als „Stadt der Katzen“ in Erinnerung bleiben, noch nie haben wir so viele Katzen gesehen wie hier – auf den Straßen und in den Souvenirgeschäften.
Adriatisches Monaco Sveti Stefan
Als nächstes geht es raus aus der Bucht von Kotor, zur „offenen Adria“, nach Sveti Stefan. Diese kleine Insel in der Nähe von Budva ist durch einen Damm mit dem Festland verbunden. Ursprünglich war hier eine kleine Festung und ein Fischerdorf. In den 1950er und 60er Jahren wurde die gesamte Insel zu einer Hotelanlage samt Casino umgewandelt, weshalb sie seit dieser Zeit auch „adriatisches Monaco“ oder „Monaco des Balkans“ genannt wird. Viele Prominente waren hier schon zu Gast, wie Sophia Loren, Sylvester Stallone und Helmut Kohl, 2014 feierte hier Tennis-Star Novak Djokovic seine Hochzeit. 2007 hat „Amanresorts“ aus Singapur die gesamte Hotelinsel für 30 Jahre vom Staat Montenegro geleast und komplett renoviert, angeblich gleicht nicht ein Zimmer dem anderen. Das Luxusresort darf heute nur betreten, wer dort ein Zimmer gebucht oder in einem der Restaurants einen Tisch reserviert hat. Der Strand zu beiden Seiten ist jedoch frei zugänglich und besteht aus feinem rosa Kies/grobem Sand, auf dem wir in der Abenddämmerung einen kleinen Spaziergang machen.
Budva – Altstadt und mondäner Badeort – „Cote d’Azur des Balkans“?
Das Thema „Cote d’Azur“ lässt uns auch auf der letzten Station unserer Rundreise, Budva, nicht los. Denn der aufstrebende Küstenabschnitt rund um diese Stadt, mit vielen Kasinos, teuren Hotels wie dem „Splendid“ und dem „Dukley“, selbstverständlich samt Marina, und wohl auch dem entsprechenden „Jet Set“ (meist aus Russland, hierher kommen laut Bozo auch fast alle Investoren), wird auch als „Cote d’Azur des Balkans“ bezeichnet. Die Besonderheit der Gegend um Budva sind die vielen Strände, mitunter sogar mit Sand oder zumindest feinem Kies, was nicht so häufig ist in der Region und diese Entwicklung – natürlich neben den nahe liegenden UNESCO-Welterbestätten – begünstigt.
Budva selbst ist einer der ältesten Orte an der Adriaküste. Auch diese Altstadt wurde durch das Erdbeben von 1979 schwer beschädigt, ist aber heute originalgetreu wieder aufgebaut und steht unter Denkmalschutz. Als erstes bestaunen wir die Altstadt „Stari Grad“ von oben, bevor uns Bozo an den Toren der Stadtmauer zu einem Spaziergang durch die Stadt absetzt.
Ob es daran liegt, dass wir alle, vor allem die Kinder, inzwischen relativ geschafft sind? Oder „verwöhnt“ von den „noch pittoreskeren“ Städtchen davor? Oder uns das Thema „russisches Jet-Set“ abschreckt? Auf jeden Fall erscheint uns Budva als der am wenigsten attraktive Ort unserer Rundreise – zumindest im Vergleich. Aber die ebenfalls mittelalterliche Altstadt im venezianischen Stil ist natürlich schon hübsch, auch hier lässt es sich nett schlendern, einen Kaffee oder Aperitif trinken – und zum Glück gibt es auch wieder einen „Pirates Candy“, um die Stimmung bei den Kindern wieder etwas zu heben.
Das Fazit des Tages: Unser abwechslungsreicher Tagesausflug nach Montenegro war unglaublich vielseitig und interessant und gab einen guten Einblick in das „touristische Montenegro“ mit seinen Kultur- und Naturschätzen ersten Ranges rund um die Bucht von Kotor. Uns ist natürlich klar, dass es nur ein winziger – und bestimmt nicht typischer -, Ausschnitt des kleinen Landes (es hat etwa so viele Einwohner wie Frankfurt) ist. Aber vielleicht kommen wir ja eines Tages wieder und erkunden das Hinterland oder die weniger bekannten Orte.
Mit einem traumhaften Sonnenuntergang über der Bucht von Kotor verabschieden wir uns von diesem Land.
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