Nächste Station auf unserer Apulien-Reise ist der Salento, der italienische Stiefelabsatz, der die Provinz Lecce sowie Teile der Provinzen Tarent und Brindisi umfasst. Hier liegt auch der östlichste Punkt Italiens und in der Tat konnten wir die etwa 80 Kilometer entfernte Küste Albaniens sehen! Wir machen Ausflüge nach Otranto sowie in die Provinzhauptstadt Lecce und erkunden die adriatische Küste mit ihren schönen Stränden.
Otranto – kulturelle Schätze und Kleinstadtflair
Unser Urlaubsdomizil liegt am Stadtrand von Otranto, das Livantea Agriresort & Residence. Das kleine Hotel mit rund 10 Apartments um einen Pool inmitten eines Olivenhains hat uns sehr gut gefallen und ist ein guter Ausgangspunkt für Unternehmungen in der Umgebung. Erstes Ziel ist natürlich Otranto selbst, ein hübsches Kleinstädtchen, das auch gerne als „Tor zum Orient“ bezeichnet wird – die weiß gekalkten Häuser sollen an Griechenland erinnern. Nun ja, weiße Dörfer haben wir auch anderswo in Italien gesehen, aber die Stadt blickt auf jeden Fall auf eine wechselvolle Geschichte unter griechischer, byzantinischer und türkischer Herrschaft zurück. Das Auto stellt ihr am besten am Rand der Altstadt auf kostenpflichtigen Parkplätzen oder auf dem Gratisparkplatz gegenüber der Guardia di Finanza (zur Altstadt ca. 800 Meter) ab.
Otranto hat einen großen Naturhafen und wir starten die Erkundung vom Lungomare degli Eroi. Die „Helden“, das sind 800 Märtyrer, die 1480 vor den Türken in die Kathedrale geflüchtet waren, dem christlichen Glauben nicht abschwören wollten und anschließend enthauptet wurden. Sie wurden 2013 heilig gesprochen, wir haben gerade das alljährliche Fest zu ihren Ehren verpasst – die passende Beleuchtung steht noch.
Diese Uferpromenade ist schön angelegt, wir blicken auf der einen Seite in die weite Bucht, in der Fischerboote im türkisfarbenen Wasser dümpeln. Auf der anderen Seite liegen die modernen Yachten und dazwischen baden die Einheimischen direkt von der Hafenmole aus in einem mit Steinen abgetrennten Becken. Dahinter liegen das Castello Aragonese und die imposante Stadtmauer, durch eines ihrer Tore betreten wir die Altstadt.
Auch hier sind die gepflasterten Gassen blitzsauber und die Häuser aus hellem Kalkstein strahlen eine freundliche Wärme aus. Der Seeluft geschuldet ist der Kalkstein an manchen Stellen malerisch verwittert, sieht fast wie eine Verzierung aus!
Unser Ziel ist die Kathedrale S. Maria Annunziata, die zwei der größten Kunstschätze Apuliens beherbergt. Unter einer riesigen Fensterrosette betreten wir durch ein barockes Portal die Kirche und sehen sofort einen der Schätze: den Mosaikfußboden. Auf 800 Quadratmetern hat ein Mönch im 12. Jahrhundert dieses mittelalterliche Meisterwerk geschaffen, das nahezu perfekt erhalten ist. Allerhand christliche Figuren, von Adam und Eva über Kain und Abel bis hin zu Abraham und Isaac, lassen sich hier finden, aber auch zahlreiche teils exotische Tiere und Fabelwesen. Es macht Spaß, auf Entdeckertour zu gehen! Eine weitere Besonderheit im oberen Teil der Kathedrale ist die Capella dei Martiri in der rechten Apsis, die jenen 800 Märtyrern von 1480 gewidmet ist und einen Teil ihrer Reliquien enthält. Der zweite große Kunstschatz ist die im 11. Jahrhundert vollendete Hallenkrypta, die eine der ersten ihrer Art in Apulien ist (wir sehen weitere in Lecce und Bari). Wer in Otranto ist, sollte diese Kathedrale unbedingt besuchen!
Cave di Bauxite und Serpentinen in den Süden
Weniger Kilometer südlich von Otranto schauen wir uns den Bauxitsee an. Von einem in der Saison kostenpflichtigen Parkplatz lauft ihr ein paar hundert Meter über die Felder, bevor ihr den Cave di Bauxite erreicht. Durch den ehemaligen Abbau von Bauxit, der einen hohen Anteil an Eisen enthält, ist die Erde wie so oft hier in der Gegend rot gefärbt (man spricht auch von Rotschlamm). In diesem Falle ist die Erde wirklich tiefrot, was einen schönen Kontrast zum türkisblauen Wasser, blauem Himmel und grüner Vegetation bildet.
Weiter geht es auf der Küstenstraße gen Süden, immer wieder öffnen sich hier schöne Ausblicke. Wir erreichen als nächstes den fjordähnlichen Hafen von Porto Badisco. Wer hier allerdings nicht früh ankommt (was wir ausnahmsweise nicht sind), findet in der Saison keinen Parkplatz; zahlreiche Carabinieri sind permanent „on tour“, verteilen Strafzettel und regeln den Verkehr, der sich mühsam durch das kleine Örtchen quält. Wir machen also nur ein Foto von der Bucht aus dem Autofenster und fahren weiter die Küstenstraße entlang bis nach Santa Cesarea Terme. Einst aufgrund von Schwefelquellen ein mondänes Kurbad, werden heute viele der Villen renoviert.
Sehenswerte Küste und vielfältige Strände
Die Fahrt der Küste entlang hat Lust gemacht auf Strand! Schon von der Straße aus war zu sehen: Hier gibt es alles, Sandbuchten, Dünenstrände und Felsenküste. Gemeinsam haben alle klares Wasser – der Salento ist ein Badeparadies, das kaum einen Wunsch offen lässt! Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass die Parkplätze nahezu überall kostenpflichtig sind, mal mit Parkwächter, mal mit Automat. Es geht zumindest an den Automaten auch mit der Kreditkarte, aber es schadet nicht, immer Münzgeld parat zu haben. Wir haben in einem Urlaub noch nie so viele Parkautomaten wie hier bedient, egal ob in der Stadt oder am Strand.
Unser erster Küstenstop ist der Torre Sant’Andrea, 15 Kilometer nördlich von Otranto. Eine beeindruckende Felsküste erwartet uns, mit Klippen, Felsentoren und -türmen. Wer hier schwimmen will, sollte Badeschuhe dabei haben! Aber allein der Anblick vom Ufer aus lohnt den Weg.
Wenige Kilometer weiter nördlich liegt eine weitere Naturschönheit: die Grotta della Poesia. Hier muss nicht nur am Parkplatz eine Gebühr entrichtet werden, sondern auch für das archäologische Areal rund um die Grotte – das kaum einen interessiert. Alle zieht es zur Meeresgrotte, die durch einen schmalen Tunnel unterirdisch mit dem Meer verbunden ist. In vielen Reiseführern ist zu lesen, dass man vom Rand der Grotte ins Wasser springen kann, weshalb nicht wenige mit Badesachen unter den Armen die „archäologische Stätte“ betreten. Bei unserem Aufenthalt springt leider keiner, ein Aufseher wacht hierüber und ein Treppenauf- bzw. -abgang zur Grotte (rechts im Bild) ist gesperrt. Vielleicht wegen der rauen See? Auf jeden Fall lohnt sich auch hier der Weg, um einen Blick auf die Grotte und Küste, in der Ferne ist auch noch der Torre di Roca zu sehen, zu werfen.
Jetzt haben wir uns Baden aber redlich verdient. In unserer Unterkunft hat man uns den Strand I due Mori empfohlen, wo die Liegen und Schirme weniger kosten und der Strand weniger überlaufen ist als an der bekannteren Baia dei Turchi. Dieses Mal ist in der Parkgebühr auch noch eine kurze Fahrt mit dem „Strandbus“ enthalten, bevor wir am Dünenstrand I due Mori ankommen. Ein Teil ist mit Infrastruktur „bewirtschaftet“, ein Teil ist frei zugänglich und wir finden hier sogar in den Dünen ein Schattenplätzchen unter den Kiefern. I due Mori heißt die zwei Mauren – rührt der Name daher, dass der Strand direkt am Wasser schwarz gefärbt ist? Interessanterweise ist er „hinten“ komplett weiß. Wie auch immer, das Wasser ist klar und der Wellengang, der an den Felsen ziemlich hoch war, hier sehr „familienfreundlich“. Wir genießen also unseren Badeaufenthalt!
Hauptstadt des Barocks: Lecce
Nahezu jeder kennt Pracht, Prunk und Üppigkeit des Barock. Eine wahre Formenexplosion, ja geradezu eine „Überüppigkeit“, findet ihr im Lecceser Barock in der Provinzhauptstadt des Salento. Zu verdanken ist diese Pracht, die auf mich eher kitschig und zu verspielt wirkt, dem hellen Kalkstein, der in der Region im Tagebau gewonnen wird. Frisch geschlagen lässt er sich fast wie Butter schneiden und härtet erst an der Luft langsam aus. Damit war den Künstlern in ihrer Gestaltung kaum eine Grenze gesetzt – und das ist deutlich zu sehen!
Wir stellen das Auto am westlichen Rand der Altstadt (erneut ZTL, guter kostenpflichtiger Parkplatz Parcheggio Ex Gil) unweit der Porta Napoli ab, wo unser Rundgang beginnt. Schon auf den ersten Metern ist der typische Lecceser Barock, sowohl an den weltlichen und ganz besonders natürlich an den kirchlichen, Gebäuden zu finden.
Es ist Sonntag, und um noch vor einer Messe den Dom anschauen zu können, laufen wir als erstes zur Piazza Duomo mit der Kathedrale (Duomo S. Maria dell’Assunta). Der imposante Platz mit Dom, Campanile und der Fassade mehrerer Palazzi bildet eine beeindruckende Kulisse. Wir kaufen Kombitickets, die auch für weitere Kirchen gültig sind (nur für den Campanile muss man extra zahlen). Hauptattraktion der Kathedrale ist die unterirdische Säulenkrypta, die hier leider nicht fotografiert werden darf. Auch diverse Gebeine finden sind hier. Wir besichtigen anschließend noch die ebenfalls sehr sehenswerte Basilica die Santa Croce, die Chiese di Santa Chiara und di San Matteo – dann reicht es aber mit endgültig der barocken Pracht.
Weiter geht es zur Piazza Sant’Oronzo, wo das römische Amphitheater auf uns wartet. Hier vereinigt sich so ziemlich jede Stilrichtung, die Lecce zu bieten hat: römische Architektur neben Lecceser Barock und – im Rücken der Fotografin – faschistische Gebäude (symmetrisch und kantig, das Gebäude fand ich nicht so fotogen). Von Lecce nehmen wir einerseits natürlich diese kitschige Üppigkeit mit, andererseits aber auch den Eindruck einer quirligen Mittelmeermetropole. Anschauen solltet ihr die Stadt auf jeden Fall!

Zuletzt noch ein Restauranttipp. Il Diavolicchio Goloso (leider keine Homepage) am Ortsrand von Otranto liegt direkt neben unserer Unterkunft. Fernab der Touristenströme gelegen, muss das Restaurant mit gutem Essen und Service punkten, und das tut es. Täglich wird frischer Fisch angeboten, der vor der Menüauswahl in einem fahrbaren Schaukasten präsentiert wird. Um keine preisliche Überraschung zu erleben, vorab danach fragen, ansonsten ist das Restaurant uneingeschränkt zu empfehlen!
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