So nah an der Grenze zu Spanien bot es sich natürlich an, von Portugal aus einen Tagesausflug nach Galizien zu machen. Als auch heute das Wetter nicht berauschend ist, fahren wir los ins zwei Stunden entfernte Santiago de Compostela. Die leere (da kostenpflichtige) Autobahn führt durch eine üppig grüne Berglandschaft, nur gelegentlich ist an abgebrannten Berghängen zu sehen, dass es hier durchaus auch mal trockener und heiß werden kann. Bei Vigo und Pontevedra überqueren wir die weit ins Land eindringenden Meeresbuchten, diese durch Flüsse gebildeten „Rias“ sind typisch für Galizien.
Santiago de Compostela
Schließlich erreichen wir die Hauptstadt der Region Galizien, Santiago de Compostela. Schnell findet sich ein (kostengünstiger) Parkplatz und wir laufen los in die Stadt. Die gesamte Altstadt ist als Weltkulturerbe der UNESCO ausgewiesen, Mittelpunkt ist die mächtige Kathedrale, das Ende des berühmten Jakobswegs. Überall in der Stadt findet sich das Symbol des Pilgerwegs, die Jakobsmuschel, und die Stadt quillt nahezu über von Pilgern jeglichen Alters, die meist zu Fuß, aber auch mit dem Rad unterwegs sind. Was für ein Trubel in den engen Gassen, das sind wir aus dem beschaulichen Nordportugal nicht mehr gewohnt! Überall gibt es Souvenirstände mit „Pilgerutensilien“, Shops mit Schmuck, Andenken, Shirts und jegliche Art von Deko aus und in Form von Jakabsmuscheln, Jakobsmuscheln aus Stein an den Hauswänden, als Türklopfer, als Wegmarkierung. Wir haben unseren Spaß dabei, immer noch mehr davon zu entdecken.
Durch die engen Straßen der Altstadt mit ihren typischen verglasten Balkonen erreichen wir das Herz der Stadt, die Kathedrale. Auf der großzügigen Praza do Obradoiro sammeln sich die Pilgergruppen, von hier aus zeigt sich die Kathedrale in ihrer ganzen Größe und mit ihrem westlichen Hauptportal.
Die Kathedrale ist die Grabeskirche des Heiligen Jakobus. 1075 wurde mit ihrem Bau begonnen, lediglich das Südportal ist noch im romanischen Stil erhalten. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Kathedrale stetig erweitert, heute ist ein Stilmix aus verschiedenen Epochen erkennbar. Wir betreten die Kathedrale über die Praza das Praterias an der Südseite (Eintritt kostenlos), aufgrund des schlechten Wetters hält sich die Schlange in Grenzen.
Das Innere der Kathedrale wird dominiert vom mächtigen Hauptaltar, mit einer Statue des Heiligen Jakobus. Über einen kleinen Eingang (erkennbar an der Schlange der Wartenden) gelangt man hinter den Altar und die Statue des Heiligen Jakobus. Viele Besucher umarmen den Apostel bei ihrem Besuch von hinten und danken für den glücklichen Ausgang ihrer Pilgerreise oder beten. Über einen weiteren Eingang erreicht man die Gruft mit einem silbernen Schrein, der die Reliquie enthält. Das Fotografieren ist in beiden Räumen nicht erlaubt, in der übrigen Kathedrale ohne Blitz möglich.
Eine Besonderheit der Kathedrale ist der 1,60 Meter hohe Botafumeiro, ein Weihrauchgefäß, das zu bestimmten Zeiten an einem 30 Meter langem Seil durch das Hauptschiff geschwungen wird. Kunsthistoriker könnten sicher noch vieles über die Kathedrale berichten, zahlreiche Seitenschiffe und Kapellen finden sich im Inneren, eine imposanter als die andere.
Am Hauptplatz der Stadt (Praza do Obradoiro) befindet sich nicht nur die Kathedrale, sondern auch das Hospital de los Reyes Católicos, eines der ältesten Hotels der Welt. Seit 1509 nimmt das königliche Hospiz Reisende auf, heute ist es ein luxuriöses Parador-Hotel. Wir würden gerne noch ein bisschen durch die Altstadt schlendern, aber wieder ergießt sich ein erneuter Schauer über die Stadt und setzt alles unter Wasser – das Wetter ändert sich schneller, als man seine Regenjacke an- und ausziehen kann. Die Kinder sind genervt, haben nasse Füße und wir flüchten uns in eines der zahlreichen Restaurants in der Rua do Franco – nicht unbedingt ein kulinarisches Erlebnis, die vielen Touristen lassen grüßen.
Unser Fazit: Sicher muss man die nach Jerusalem und Rom drittwichtigste Pilgerstätte der Christenheit einmal gesehen haben. Ohne Zweifel ist die Altstadt schön (wenn es nicht gerade dauerregnet), die Kathedrale sehr beeindruckend. Aber wir freuen uns auch, wieder in das beschauliche Portugal ohne Touristen- und Pilgermassen zurückzukehren.
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