Herbstzeit ist Kastanienzeit und wir haben das Glück, ganz in der Nähe von berühmten Edelkastanienorten zu wohnen: Kronberg und Königstein-Mammolshain, das sich sogar „Edelkastaniendorf“ nennen darf (weitere größere Baumbestände gibt es im benachbarten Oberursel). Die Edel- oder Esskastanie (Castanea sativa), Baum des Jahres 2018, produziert sehr leckere essbare Früchte, die Maronen, in Hessen auch Keste genannt (Pfalz: Keschde, Schweiz Marroni). Die Esskastanie gehört übrigens zu den Buchengewächsen und ist nicht mit der Rosskastanie (Aesculus) verwandt. Letztere ist botanisch betrachtet Teil der Seifenbaumgewächs-Familie und ihre Früchte, mit der wir im Herbst gerne basteln und dekorieren, sind nicht essbar.

Die Esskastanie schätzt, ganz ähnlich wie der Wein, milde Winter, warme, luftfeuchte Sommer und nährstoffreiche Böden. Aufgrund der klimatischen Begünstigung am Südhang des Taunus als „Balkon“ über der warmen Rhein-Main-Ebene, gedeiht die wärmeliebende Esskastanie hier besonders gut (wie beispielsweise auch in der Vorderpfalz). Ursprünglich kommt die Esskastanie aus dem Mittelmeerraum und Kleinasien, wo sie auch heute noch die größte Verbreitung hat. Griechen und später die Römer haben diesen Kulturbaum, nicht nur aufgrund ihrer Früchte, sondern auch aufgrund ihres wertvollen (Bau- und Brenn-)Holzes, weiter in den Norden verbreitet.
Historisch belegt gedeihen die Edelkastanien schon seit dem 16. Jahrhundert im Vordertaunus. Eine Frankfurter Marktordnung aus dem Jahr 1757 führt die Maronen aus dem Taunus explizit als Handelsware auf. Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Kronberg noch über 5.000, in Mammolshain über 3.000 kultivierte Esskastanienbäume gezählt. Doch mit dem Fortschritt der Eisenbahn Ende des 19. Jahrhunderts war der Import größerer Mengen Maroni aus Italien möglich und der hiesige Anbau nicht mehr rentabel. Die heimische Esskastanie verlor an Bedeutung und die ehemals lichten Haine wurden nicht mehr gepflegt. Durch das Nachwachsen anderer Baumarten stehen die Edelkastanien heute inmitten von Mischwäldern. Initiativen wie die Regionalpark RheinMain GmbH und die AG Edelkastanie Mammolshain pflegen die alten Bestände und sorgen dafür, dass die Kastanienhaine wieder erlebbar werden.
Kastaneum in Kronberg
In Kronberg ist das Kastaneum der zentrale Esskastanien-Treffpunkt. Das Kastaneum ist Teil des Regionalparks RheinMain und liegt westlich der Altstadt in der Verlängerung des Scheibenbuschwegs. Parken könnt ihr beispielsweise am Kronberger Rathaus und dann gemütlich hinab in Richtung Rentbach durch die hübschen Altstadtgassen schlendern.
Im Kastaneum angekommen, informiert zunächst eine Infosäule kurz über die Historie und die Besonderheiten der Kronberger Maronen. Den Weg den Berg hinauf säumen Edelkastanien, der Hain wird seit einigen Jahren nach historischem Vorbild rekonstruiert. Das heißt, die Bäume wurden und werden freigeschnitten und der Bodenbewuchs reduziert, damit die Bäume und Früchte möglichst viel Sonne abbekommen.
Mittelpunkt der Anlage bilden zwei Liegen, die zum Verweilen und Lauschen in den Wald einladen. Von hier aus hat man durch das Blätterdach auch einen schönen Blick auf die Kronberger Altstadt mit Burg. Die Liegen sind umgeben von weiß lasierten Holzpfählen, auf denen verschiedene Informationen eingraviert sind, zum Beispiel Namen alter Edelkastaniensorten und verschiedene Rezepte. Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen, während wir eifrig Keste sammeln! Der optimale Sammelzeitpunkt für diese Herbstfrüchte ist übrigens Mitte Oktober.
Der Mammolshainer Kastanienhain
Eine zweite, auf andere Art attraktive Art sich dem Thema Esskastanien zu nähern, bietet der Mammolshainer Kastanienwald. Wir parken auf Kronberger Gemarkung auf dem Parkplatz Kronthal und nippen im dortigen Quellenpark kurz an den vier Quellen, deren Mineralwässer alle unterschiedlich schmecken. Dann überqueren wir die Kronthaler Straße, die nach Mammolshain führt, und sind schon inmitten des Kastanienwalds. Die informative Schautafel weist drei „Edelkastanien-Erlebnispfade“ aus, die gut ausgeschildert sind, wir laufen allerdings unsere eigene Strecke (siehe Karte unten).
Der Waldweg ist um diese Jahreszeit (Mitte Oktober) übersät mit herabgefallenen Maronen, die wir eifrig sammeln. „Pflücken verboten“ gilt hingegen für die Kastanien-Fruchtsorten-Anlage (auf dem Erlebnispfad-Schild die Nr. 17), die sich am Waldrand befindet. Hier stehen einzelne, bestens gepflegte Edelkastanien-Bäume unterschiedlicher Sorten, die auf einem Schild erklärt werden. Besonders schön ist es, dass zumindest ein Teil der Bäume vergleichsweise klein ist (der Sortengarten wurde 2006 angelegt) und die Früchte daher aus nächster Nähe am Baum wachsend bestaunt werden können. Unschwer zu erkennen ist auch, dass diese Früchte einiges größer sind als die „Waldvariante“. Die Anlage dient Forschungszwecken um herauszufinden, welche Sorte hier besonders gut wächst. Also bitte unbedingt das „Pflücken verboten“-Schild beachten!
Beide hier vorgestellten Edelkastanien-Spots lassen sich übrigens auch prima fußläufig kombinieren. Einfach vom Kronthal aus über Thalerfeldweg und Talweg entlang dem Rentbach den Berg hinauf – in 15 Minuten erreicht ihr das Kastaneum.
Und wer noch eine Idee für eine Erweiterung des Spazierwegs in Richtung eines anderen Kulturguts haben möchte: Lauft von der Kastanien-Fruchtsorten-Anlage aus in Richtung Süd-Osten / Schwalbach über die Felder und ihr erreicht schon bald den Apfel-Sortengarten. Tafeln informieren darüber, welches Streuobst – nicht nur Äpfel – hier angebaut wird und wie das jeweilige Obst schmeckt. Der alte hohle Baumstamm bietet nicht nur ein Versteck für Kinder, sondern im oberen Teil auch (künstlich angelegte) Nisthilfen für Wildbienen und andere Insekten.
Unser Fazit: Einen Besuch dieser schönen Flecken der hiesigen Kulturlandschaft können wir für einen kleinen Ausflug sehr empfehlen!
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