Ein Besuch der Cinque Terre – fünf malerische Ortschaften an der Steilküste Liguriens – war schon lange mein Wunsch: bunt bemalte Häuser, die sich wie übereinandergestapelte Bauklötze an die steilen Hänge schmiegen, terrassenartig angelegte Weinberge und Olivenhaine unter strahlend blauem Himmel und vor dem glitzernden Meer, die Fotos hatten mich in ihren Bann gezogen. Abgehalten hatten mich bisher die Warnung vor den Massen: Bus- und Kreuzfahrtschiffladungen voller Touristen, die sich durch die engen Gässchen schieben und den Örtchen jegliche Romantik nehmen. Nun haben wir das zweite Corona-Urlaubsjahr und ich ein kleines bisschen Hoffnung, dass zumindest ein Teil der Touristenströme ausbleibt. Also wagen wir jetzt einen Versuch: Werden wir vor Ort noch ebenso begeistert sein von diesem Nationalpark, diesem UNESCO-Weltkulturerbe?
Nach einer anstrengenden, staugeprägten Autofahrt kommen wir in der ligurischen Hafenstadt La Spezia an, wo wir den Empfehlungen diverser Reiseführer und Blogger folgend unser Auto parken. Zwar kann man die Cinque-Terre-Orte auch mit dem Auto anfahren, doch die Straßen sind eng und kurvig, im Sommer überfüllt und es gibt nur wenige Parkplätze (die meisten Parkplätze gibt es in Monterosso), die gerade im Sommer sehr schnell voll sind. Viel stressfreier ist die kurze Anfahrt mit der Regionalbahn ab La Spezia Centrale, die auch zwischen den einzelnen Orten das Verkehrsmittel schlechthin ist!
Riomaggiore
Von La Spezia aus fährt der Regionalzug tagsüber durchschnittlich alle 20 Minuten, nach sieben Minuten erreichen wir unseren Urlaubsort Riomaggiore. Ein Teil der Züge ist mit „Luca„-Motiven geschmückt – der Animationsfilm von Disney/Pixar spielt im fiktiven „Portorosso“, das von den Cinque-Terre-Orten inspiriert wurde, auch wir haben uns mit dem netten Film auf den Urlaub eingestimmt. Auf der kurzen Zugfahrt sieht man nicht viel, die Strecke (sowie auch die weiterführende Strecke zu den anderen vier Orten) verläuft größtenteils im Tunnel. Nach Ankunft im Bahnhof empfängt uns nur ein sehr kleiner Ortsteil von Riomaggiore (hier liegt auch die Touristeninformation mit allerlei nützlichen Plänen und Infos). Zum „Hauptort“ müssen wir durch einen etwa 160 Meter langen, immerhin hübsch mit Mosaiken verkleideten Tunnel. Kurz nach Ankunft des Zuges herrscht hier drangvolle wenig corona-konforme Enge, die sich jedoch schon nach wenigen Minuten legt.
Am Ende des Tunnels liegt der eigentliche Ortsmittelpunkt: Links führt die Hauptstraße Via Colombo den Berg hinauf, vorbei an zahlreichen Restaurants, Bars, Imbissen und Shops, rechts geht es durch einen weiteren kleinen Tunnel zum Hafen. Hier liegt unser Ziel: das Apartment „La Vista di Marina by the First“, das ich vor allem wegen dem Blick von der Terrasse ausgesucht habe. Und die Fotos haben nicht zu viel versprochen: Nachdem wir eine sehr steile, enge Treppe erklommen haben, werden wir im obersten Stockwerk von einer traumhaften Aussicht über den kleinen Hafen und die bunten Häuser empfangen, nach Westen in Richtung Sonnenuntergang ausgerichtet. Ach, hier lässt es sich aushalten!
Danach haben alle Hunger und wir begeben uns auf Entdeckungstour durch den Ort. Essenstechnisch werden wir sofort fündig: „Fritto Misto“ ist unser Lieblings-„Fast Food“ im Urlaub! Die frittierten Leckereien gibt es hier an mehreren Imbissen mit diversem Fisch, Tintenfisch, Muscheln, Garnelen oder Gemüse – oder auch alles gemischt, frisch zubereitet und extrem lecker. Solch eine Wundertüte auf der Hand begeben wir uns wieder an den Hafen, wo wir die klippenspringenden Jugendlichen bestaunen und das bunte Treiben aus verliebten Pärchen, verschwitzten Wanderern und eisessenden Familien auf uns wirken lassen.
Der Hafen ist auch ein beliebter Badeplatz, überall auf den Felsen und Mauern liegen bunte Handtücher. Riomaggiore verfügt darüber hinaus auch über einen kleinen „Strand“, von dem Kies-/Steinstrand sollte man sich aber nicht zu viel versprechen. Das Wasser ist aber überall glasklar und lädt sehr zum Baden ein! Den Weg vom Hafen aus links zum Strand solltet ihr aber auf jeden Fall einschlagen, denn auf diesem findet ihr mit die schönsten Fotomotive von Riomaggiore.
Anschließend laufen wir noch ein bisschen durch die engen Gassen, besuchen die Kirche San Giovanni Battista, im Inneren reich geschmückt und mit dem für die ligurische Gotik typischen schwarz-weißen Streifenmuster (das begegnet uns später vor allem in Monterosso wieder), genießen die Aussicht vom Castello. Die berühmte Via dell’Amore, ein Uferweg, der Riomaggiore mit Manarola verbindet, ist leider seit Jahren wegen Erdrutschgefahr gesperrt.
Und am Ende des Tages steht uns der Sinn natürlich noch nach einem schönen Abendessen, natürlich mit Fisch. Wer ähnliche Vorlieben hat, dem seien zwei Restaurants in Riomaggiore empfohlen, beide direkt im kleinen Hafen gelegen: das Rio Bistrot und das Dau Cila. Beide haben nur einen dürftigen Facebook-Internetauftritt und sind elektronisch nicht erreichbar, also am besten telefonisch oder natürlich persönlich reservieren. Das Essen ist in beiden gehobenen Restaurants sehr gut, sowohl die ligurische Pesto als auch das reichhaltige Fischangebot, bei beiden lässt sich das zu dieser Zeit langsam nachlassende Treiben im Hafen sehr gut beobachten. Buon Appetito!
Und hier noch ein paar Tipps zum Cinque Terre Besuch zusammengefasst:
- In der Hauptsaison das Auto am besten in La Spezia stehen lassen. Es gibt beispielsweise das Parkhaus direkt am Bahnhof, oder einen teuren privaten Parkplatz in unmittelbarer Bahnhofnähe, der aber auch vorab reservierbar ist, oder diverse kostenfreie Parkplätze (z.B. Palaspezia), von denen aus man aber einen Shuttle oder Taxi zum Bahnhof nehmen muss.
- Am besten nur Handgepäck mitnehmen! Es müssen viele Stufen überwunden, schmale Gassen durchquert und enge Treppenhäuser erklommen werden.
- Wer viel Zug fährt und/oder wandern will, sollte sich die Cinque Terre Card kaufen (gibt es in den Nationalparkbüros und an jedem der Bahnhöfe oder kann online erworben werden). Es gibt die reine Wanderkarte oder die Zug-/Wander-Kombikarte (beliebig viele Zugfahrten sowie Nutzung der Wanderwege), je nach Dauer des Aufenthalts für einen, zwei oder drei Tage. Zum Vergleich: die einfache Zugfahrt kostet 4 Euro, ein Tages-Wanderticket 7,50 Euro, das eintägige Zug-/Wanderkombi-Ticket 16 Euro pro Erwachsenem (Stand 2021).
- Wenigstens ein Restaurant/Café direkt an der Steilküste besuchen und dies unbedingt (zumindest in der Hauptsaison) reservieren. Ein extra Blog dazu folgt!
- Mindestens einmal die typische ligurische Pesto Genovese essen, entweder mit Pasta (meist mit „Trofie“) oder Focaccia-Brot – sie schmeckt in jeden Restaurant anders! An verschiedenen Orten werden auch Pesto-Kurse angeboten – eine der schönsten Locations hierfür ist sicherlich das Nessun Dorma in Manarola.
- Wenigstens eine der berühmten Wanderstrecken laufen. Leider ist die Via dell‘ Amore zwischen Riomaggiore und Manarola sowie zwischen Manarola und Corniglia immer noch geschlossen (Stand Juli 2021). Hier findet ihr eine gute Übersichtsseite zu allen Wanderwegen.
- Früh morgens und abends geht es deutlich beschaulicher in den Dörfern zu, nach Möglichkeit mindestens einmal übernachten, um das Flair so richtig genießen zu können.
- Wer dem Rummel entfliehen will, kann eine Bootstour entlang der Küste unternehmen, das ist auch als Privattour buchbar. Neben der Hauptattraktion, den besten Blick auf die Ortschaften, kann beispielsweise auch ein Badestopp eingeplant werden. Wir können den Anbieter Cinqueterre dal Mare empfehlen, der uns nicht nur optimal beraten und all unsere Bootstour-Wünsche erfüllt hätte, sondern auch Restaurantbuchungen (in der Hochsaison abends unbedingt notwendig) durchgeführt hat. Leider konnte unsere Bootstour dann doch nicht stattfinden, da es zwei Tage lang zu stark windete – mit entsprechendem Wellengang.
- Besucht mehr als eine der fünf Ortschaften, jede hat ihren eigenen Flair! Mehr dazu im nächsten Blog :-).
Wow! Mit Insidertips ________________________________
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Tolle Fotos, macht Lust auf Urlaub. Bericht wie immer excellent!!
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